Vom Hereinstolpern. Zur Situation der Anthropologie.

Geertz, Clifford

in: Freibeuter. Vierteljahresschrift für Kultur, 1985, 25, 37-41 (Ausschnitte)

Schwierige Definition

"Es ist einer der Vorteile der Anthropologie als eines wissenschaftlichen Unternehmens, dass niemand ganz genau weiss, was sie eigentlich ist, nicht einmal ihre eigenen Vertreter. Ö"

"Die Versuche der Definition dieser Disziplin reichen von unbekümmerten 'Cliquen'-Argumenten ("wir sind alle irgendwie dieselbe Art von Leuten; wir denken ähnlich") bis zu naiv institutionellen Erklärungen ("Anthropologe ist jeder, der an einer anthropologischen Fakultät sein Examen gemacht hat")." (p. 37)

Definition der Ethnologie über die Methode

"Nigeria ist zweifellos kein Stamm, und Italien keine Insel; aber ein Handwerk, das man unter Stämmen gelernt oder auf einer Insel vervollkommnet hat, kann trotzdem Dimensionen des Seins enthüllen, die methodisch strengeren und besser organisierten Vertretern wie Ökonomen, Historikern, Textforschern und Politikwissenschaftlern verborgen bleiben." (p. 37-38)

Kontext der Ethnologie / Rolle der Ethnologie

"Durch technische Fortschritte in den Nachbardisziplinen in entgegen gesetzte Richtung gezerrt, nach innen in zufällige und unnötige Fraktionen gespalten, von der einen Seite unter Druck eines wiedererwachten Szientismus, von der andern immer neuen Umarmungen ausgesetzt und zunehmend des eigenen Forschungsgegenstandes, der isolierten Forschung und der Autorität als Hansdampf in allen Gassen beraubt, scheint sich diese Disziplin trotz allem nicht nur recht gut zu halten, sondern - was noch wichtiger ist - den Einfluss ihrer Denkart auf immer weitere Bereiche des gegenwärtigen Denkens auszudehnen. Es hat sich gezeigt, dass wir im Hereinstolpern ziemlich gut sind. In unserer Verunsicherung liegt unsere Stärke." (p. 41)


 

online source:
www.cx.unibe.ch/ethno/personal/systematik/ho/geertz.pdf
(Institut für Ethnologie / Universität Bern / Wintersemester 2004-05 / Systematikübung I)
 

 


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